
Wie sich die „Wir haben es satt“-Demonstration gegen Rassisten abgrenzt
Seit dem Jahr 2011 findet jeden Januar die große „Wir haben es satt“-Demonstration in Berlin statt. Dort protestieren Bäuerinnen und Bauern gemeinsam mit Natur-, Umwelt- und Tierschützer*innen sowie Aktiven der Entwicklungszusammenarbeit für eine bäuerliche, ökologische und soziale Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion. Im Januar 2019 umfasste die Demonstration 35.000 Menschen.
Zunehmend beziehen auch rechte Gruppen und rechtspopulistische Bewegungen Position zur Agrarpolitik: Die NPD etwa lehnt in ihrem Parteiprogramm die Gentechnik ab. Völkische Siedler*innen und Anhänger* innen der Anastasia-Bewegung betreiben Biolandwirtschaft. Und die AfD forderte in ihrem Wahlprogramm 2017 die Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft.
Auch wenn diese Themen vordergründig für verschiedene rechte Gruppierungen eine Rolle spielen, zeigt sich schnell die Unvereinbarkeit mit den Forderungen der „Wir haben es satt“-Demo. So wird beispielsweise der explizite Anspruch auf internationale Solidarität unter Bäuer*innen von rechten Bewegungen ignoriert.
Für rechte Aktivist*innen ist die Beteiligung an diesen Demos vor allem eine Strategie, um Aufmerksamkeit auf die eigene Gruppe zu ziehen, sowohl in potenziellen Unterstützer*innen-Kreisen wie auch medial. Einige rechte Gruppen nutzen die Demos deswegen vor allem für PR-Aktionen oder zur Provokation. Sie erscheinen nur kurz oder teilen in den sozialen Medien Fotos und Auszüge von Demo-Aufrufen, oft ohne selbst auf der Demo gewesen zu sein.
Die Veranstalter*innen der „Wir haben es satt“-Demo reagieren mit klaren Worten gegen diese Vereinnahmung ihrer Forderungen nach Umweltschutz und einer anderen Landwirtschaftspolitik. Sie haben ein klares Nein zu Rassismus und rechter Hetze formuliert, heißen Geflüchtete willkommen und erklären sich solidarisch mit den Ansprüchen von Partner*innen aus dem globalen Süden. Ordner* innen werden speziell geschult, rassistische Botschaften und Gruppen auf der Demo zu erkennen und diese im Ernstfall aufzufordern, die Demo zu verlassen.
Auch Teilnehmer*innen der Demo können den Gegensatz zum Demo-Aufruf deutlich machen, wenn sie rechtspopulistische oder rassistische Rufe und Plakate bemerken. Das gleiche gilt für den Umgang mit Demonstrant* innen, die ihre Zugehörigkeit zu rechtspopulistischen oder -extremen Parteien sichtbar machen. Die Formulierung einer positiven Vision für eine gerechte und umweltfreundliche Politik für alle Menschen weltweit liefert gute Gegenargumente und kann dann den Schwerpunkt der Unterhaltung setzen.
Marie-Luise Abshagen, Forum Umwelt & Entwicklung
Dieser Artikel ist erschienen in der NATURFREUNDiN, Ausgabe 4-2019