Im Juli sprach Felix Menzel, Chefredakteur des neurechten Magazins „Blaue Narzisse“, auf dem Konservatismus-Kongress der Jungen Alternativen Bayern über Europa- und Wirtschaftspolitik.
Zu Beginn seines knapp einstündigen Vortrages mit dem Titel „Warum das ‚Dagegen sein‘ nicht reicht“ kritisiert Menzel den „defensiven Patriotismus“ der Rechten. Anti-Haltung allein, etwa gegen „Masseninvasion“, Gender und EU, führe nicht zum Ziel. Vielmehr müsse man klarstellen, wofür man eigentlich eintreten wolle.
Was dann folgt, ist ein Lehrstück in Sachen rechtsextreme Denkschule: Ungleichwertigkeitsphantasien, Sozialdarwinismus in seiner Reinform und die permanente Überhöhung des „deutschen Volkes“, das selbstverständlich auch bei Menzel organisch gewachsen ist – heißt: Deutsch wird man nicht, man ist es.
Nur den Autoritarismus scheint Menzel abzulehnen, jedenfalls dann, wenn er als „Ökototalitarismus“ daherkommt und irgendwas mit dem, von ihm natürlich bezweifelten, Klimawandel zu tun hat.
Bevor Menzel seine, selbst aus neu-rechter Perspektive, wenig innovativen Ideen für Europa- und Wirtschaftspolitik präsentiert, lädt er seine Zuhörer_innen zu einem Exkurs in die Evolutionsbiologie ein. Darwin, so Menzel, sei von einer langsam verlaufenden Evolution ausgegangen. Die experimentelle Evolutionstheorie wisse heute aber, dass bei einer drastischeren Veränderung der Umwelt oder bei erhöhtem Feinddruck durchaus eine schnelle Evolution möglich sei. Es gäbe zwar lange Phasen, in denen aus evolutionsbiologischer Perspektive tatsächlich kaum etwas geschehe, diese würden aber immer wieder von Phasen abgelöst, in denen sich Arten mit völlig neuen Situationen konfrontiert sähen und darauf mit völlig neuen Strategien der Anpassung reagieren müssten, um ihr Überleben zu sichern.
Wenig überraschend sieht Menzel hier Übertragungsmöglichkeiten auf menschliche Gesellschaften und Politik. Preisfrage: Wer ist in Menzels Analogie „der Feind“ und welche „menschliche Art“ muss ihr Überleben mit neuen Strategien sichern?
Leider ist die Antwort so ermüdend wie angenommen: Der Feind ist natürlich „der Fremde“, der – wenn er nicht durch die unterlassene Hilfeleistung der Europäer_innen im Mittelmeer erfolgreich ertränkt wurde (Anmerkung der Redaktion) – nun kein geringeres Ziel verfolgt als den „Austausch“ des deutschen Volkes.
Wie Darwin seien auch seine politischen Mitstreiter_innen fälschlicher Weise davon ausgegangen, so Menzel, dass Evolution langsam vonstattengehe. Dass hier ein Fehler vorliege, merke man, „wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Einwanderung, die 2015 stattgefunden hat (…) schon in den 2020er Jahren (dazu führen könnte), dass unsere Jugend in weiten Teilen Westdeutschlands in der Minderheit ist“.
Menzel verlangt nach „durchschlagenden Gegenstrategien“ und entwirft im Folgenden eine politische Dystopie für „Vaterland“ und Europa.
Keinesfalls solle eine Weltgesellschaft angestrebt werden. Ganz im Geist des Ethnopluralismus sollten die „Völker“ und „Kulturen“ nach Menzels Meinung lieber feinsäuberlich voneinander getrennt werden. Natürlich um ihre Unterschiedlichkeit und Einzigartigkeit zu erhalten. Menschen seien eben auch wie Schnabeltiere, Chamäleons und Kiwis evolutionäre Unikate. Europa müsse deshalb Schutzmacht werden, sonst würde die Festung Europa noch in diesem Jahrhundert von Fremden eingenommen werden. Gleichzeitig müsse die Vielfalt der Nationen und Kulturen, natürlich auch innerhalb Europas, erhalten werden. Die Angst vor „Durchmischung“ scheint auch bei Menzel bodenlos zu sein.
Entwicklungshilfe solle an Maßnahmen gegen „Jugendüberschüsse“ in entsprechenden Ländern gekoppelt sein, sagt der dreifache Familienvater und offenbart so auch in diesem Punkt seine rassistische Grundhaltung. Deutsche (gemeint sind vielmehr: weiße) Kinder kann man offenbar nicht genug haben, schwarze Kinder kann man möglicherweise mittels Zuckerbrot und Peitsche verhindern.
Protektionismus solle junge deutsche Industrien schützen, Fachkräftemangel solle lieber über „Omas“ in Kindergärten, Schulen und Pflegesystemen als durch Einwanderung gelöst werden. Auch das Rentensystem würde hierdurch schließlich entlastet. Und überhaupt würden die arbeitenden „Omas“ doch auch zum sozialen Zusammenhalt beitragen.
Soziale Solidarität schulde man sowieso nur den eigenen Leuten, aber sicher nicht dem „25-jährigen Asylanten“. Menschenrechte sind für Menzel eben nicht unveräußerlich oder universell. Vielmehr ist bei ihm das Recht auf ein menschenwürdiges Leben offenbar an Hautfarbe und Nationalität gebunden.
Am Ende empfiehlt Felix Menzel in Phasen langsamer Evolution frei nach Hannah Arendt „den Glauben an das unendlich Unwahrscheinliche nicht zu verlieren“.
Aber Hannah Arendt sagte auch: „Man könnte wohl sagen, dass die lebendige Menschlichkeit eines Menschen in dem Maße abnimmt, in dem er auf das Denken verzichtet.“
Felix Menzel ist Herausgeber und Chefredakteur der Jugendzeitschrift Blaue Narzisse. Er gilt als Vertreter der Neuen Rechten und als eine der Schlüsselfiguren der rechtsextremen Identitären Bewegung in Deutschland. Er schreibt regelmäßig für die Zeitschrift Sezession und referiert für das von Götz Kubitschek geleitete Institut für Staatspolitik. Er ist Mitbegründer der Pennale Burschenschaft Theodor Körner zu Chemnitz, die von 2004 bis 2006 vom Landesamt für Verfassungsschutz in Sachsen beobachtet wurde.
Hinweis: In einer früheren Version dieses Beitrags hieß es: "Er ist Mitbegründer der Pennale Burschenschaft Theodor Körner zu Chemnitz, die von 2002 bis 2006 vom Landesamt für Verfassungsschutz in Sachsen beobachtet wurde." Richtig muss es heißen "von 2004 bis 2006 vom Landesamt für Verfassungsschutz in Sachsen beobachtet wurde". Diesen Fehler haben wir oben korrigiert.