
„100% Identität – 0% Rassismus“. So charakterisiert sich die rechtsextreme Jugendgruppierung „Identitäre Bewegung“. Das mag zunächst harmlos klingen, denn „0% Rassismus“ würden vermutlich viele emanzipatorisch denkende Menschen unterschreiben und auch Fragen nach der Identität stellt sich wohl jede*r mal im Leben.
Doch dahinter versteckt sich ein zentrales Konzept der Neuen Rechten: Der Ethnopluralismus. Der Begriff geht auf den Nationalrevolutionär Henning Eichberg zurück, der ihn 1973 zur konzeptionellen Abgrenzung vom Nationalsozialismus einführte. Seitdem findet sich das Konzept bei neurechten Vordenkern und Gruppierungen wie Alain de Benoist, rechtsextremen Parteien sowie dem publizistischen Umfeld der Zeitung „Junge Freiheit“ und Götz Kubitscheks Institut für Staatspolitik.
Im Kern geht es darum, jeder Kultur, jeder Ethnie und jedem „Volk“ den „ursprünglichen“ und „historisch zugehörigen“ Raum zu garantieren. Die Deutschen sollten also in Deutschland bleiben und die Türken in der Türkei. Nur so könne die jeweilige einzigartige Identität und Kultur erhalten werden. Im Gegensatz zur „alten Rechten“ der NS-Zeit wird öffentlich nicht mehr von der Existenz oder gar der Überlegenheit einzelner „Rassen“ gesprochen. Doch letztendlich ist genau das damit gemeint. Der Begriff „Rasse“ wird durch „Kultur, Ethnie und Volk“ ersetzt. Die Bewahrung der Kultur könne außerdem nur durch eine konsequente „Remigration“ der „entwurzelten Völker“ funktionieren.
Damit enttarnt sich der Ethnopluralismus als ein absolut rassistisches Konzept. Abwehr gegen das Fremde, gegen eine vermeintliche Islamisierung, und die verschwörungstheoretische Angst vor einem aus den USA gesteuerten „Bevölkerungsaustausch" gehen Hand in Hand.
Eine geheuchelte Solidarität mit Geflüchteten ist der Gipfel dieses Versteckspiels. Jeder Mensch habe ein Recht auf Heimat und daher sollten auch Geflüchtete dieses Recht in Anspruch nehmen und Europa wieder verlassen. In ihrer jeweiligen Heimat könnten sie dann für stabile Verhältnisse sorgen.
Es ist wichtig, die Hintergründe dieses Konzepts zu kennen. Falls in Diskussionen der antirassistische Charakter des Ethnopluralismus betont wird, sollte man sich dieser konstruierten Lüge bewusst sein. Ethnopluralismus ist nichts weiter als ein intellektueller Versuch, sich von den Verbrechen des NS-Regimes zu lösen und deren „Blut und Boden“-Ideologie unter anderem Namen modern zu verpacken.
"Die letzte Konsequenz von 'Ethnopluralismus' ist weltweite Apartheid."
Kathrin Glösel, Politikwissenschaftlerin